Erst Anfang des 20. Jahrhunderts war die Technik so weit gereift, dass alpine Wildflüsse für die Energiegewinnung genutzt werden konnten. Zahlreiche Kraftwerke und Wehre entstanden. So auch die Planung für ein Walchenseekraftwerk.
Das Walchenseekraftwerk sollte den Höhenunterschied zwischen Walchensee und Kochelsee nutzen. Der Walchensee selbst hat aber nur ein kleines Einzugsgebiet, d.h. nur kleine Zuflüsse speisen den See. Um das Walchenseekraftwerk rentabel zu machen, hat man die Isar seit Fertigstellung des Kraftwerks 1924 ab Krüner Wehr in den Walchensee umgeleitet.
Krüner Wehr, links Kanal zum Walchensee, rechts IsarbettDas Isarwasser schießt vom Walchensee durch Rohre in das 200 m tiefer liegende Walchenseekraftwerk und fließt von dort in den Kochelsee.
Die Folge war, dass unterhalb des Krüner Wehrs bis zum Rißbach die Isar an über 320 Tagen im Jahr ohne Wasser war !
Isar vor der Rückleitung, Foto: Prof. Dr. Otto Kraus, 1967Nur bei Hochwasser floss oberflächig Wasser in den mehr als 16 Flusskilometern der Isar. Auch der natürliche Ausfluss des Walchensees - die Jachen - wurde abgesperrt.
Das Achenseekraftwerk wurde 1927 fertiggestellt, es nutzt die Fallhöhe von 400 m zwischen Achensee und Inntal. Im zweiten Bauabschnitt wurde 1929 der Achensee-Abfluss die Seeache,
wie die Walchen in Tirol heißt, abgesperrt. Hinzu kamen noch Ableitungen von Bächen in den Achensee, die bisher unterhalb der Absperrung in die Seeache flossen.
Mit dem Verlust der Walchen verlor die Isar einen weiteren wichtigen Zufluss.
1949 wurde auch der Rißbach der größte Zufluss der Isar in den Alpen, dem Walchensee zugeleitet. Es gab diese Pläne schon um das Jahr 1900.
Dem Rißbach wird noch heute an über 300 Tagen das Wasser entzogen.
1950 wurde ihr noch die Dürrach in den Achensee abgeleitet.
DürrachwehrDurch diese verschiedenen Ableitungen zur Energiegewinnung werden der Isar bei Lenggries durchschnittlich 31,4 m³/s entzogen. So hat die Isar mittlerweile zwischen dem Krüner Wehr und Wolfratshausen weniger als die Hälfte ihres natürlichen Abflusses. Was die Flößerei zuerst ab Mittenwald, später ab Vorderriß, bis Wolfratshausen zum Erliegen brachte.
Vor allem der geringe Abfluss im Winter wurde zum Problem, insbesondere für die Kläranlagen, die dadurch nicht genügend Vorflut hatten. In Wolfratshausen mündet die Loisach in die Isar, sie bringt zumindest das in den Walchensee abgeleitete Isar- und Rißbachwasser zurück. Das Wasser, das im Achenseekraftwerk genutzt wird, fließt in den Inn und steht der Isar nicht mehr zur Verfügung!
Karte der Isar-AbleitungenAls Sanierungsprojekt kam der Sylvensteinspeicher wieder ins Gespräch.
Die Realisierung basiert auf dem Landtagsbeschluss vom 15.01.1954. Während die ersten Pläne der Energiewirtschaft dienten, zielten die neuen auf die Niedrigwasseraufbesserung der Isar bis Wolfratshausen, vor allem im Winter. Indem man die Hochwasserspitzen im Sommer zurückhält, mindert der Sylvensteinspeicher gleichzeitig die Hochwassergefahr, was sich bis Landshut und weiter auswirkt.
Den größten Erfolg hatte die Notgemeinschaft "Rettet die Isar jetzt" 1990. Nach 16 jährigem Einsatz gelang es, den damaligen "Bayernwerken" 4,8 m³ im Sommer und 3,0 m³ im Winter Restwasser für die Isar abzuringen. Damit wurde die Isar zwischen Krün und Sylvensteinspeicher wieder ein Fluss.
Isar oberhalb Sylvensteinspeicher
Trotz der vielen Eingriffe in das Isar-Fluss-System gilt die Obere Isar zwischen Krün und Sylvensteinspeicher als der letzte alpine Wildfluss Deutschlands.
Deshalb bekam dieser Flussabschnitt am 18.06.2010 das Prädikat "Eines der 100 schönsten Geotope Bayerns".
Ein lang gehegter Wunsch unseres Vereins ging im Juni 2013 in Erfüllung. Neben der Pupplinger- und Ascholdinger Au wird nun auch die Isar zwischen Wallgau und Bad Tölz von zwei Rangern betreut. Sie informieren die Besucher über die landschaftlichen Besonderheiten und weisen sie auf Verstöße gegen die Schutzbestimmungen hin. Finanziert wird diese Betreuung vom Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen.
Isarranger Hannah Sophie Kock und Kaspar Fischer
Text und Fotos: Franz Speer
stellv. Vorsitzender des Vereins Rettet die Isar jetzt